Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2016 31 Jan

Something’s Happening Here, what it is ain’t exactly clear

von: Lajla Nizinski Filed under: Blog | TB | 4 Comments

Zu gerne haette sie gewusst, wie John Cage die Geraeusche in seinem Inneren empfunden hatte. Zu gerne haette sie Beckett gefragt: wie lange er in der Stagnation haette verharren koennen. Zu gerne waere sie nach 8 Stunden Film ueber das Empire State Building mit all ihren Phantasien dazu zu Andy Warhol gegangen. Auf die White Paintings von Robert Rauschenberg haette sie vermutlich gerne einen roten Pinselstrich gezogen.

 

AESTHETIK DES STILLSTANDS

 

So lautete das Thema einer dreitaegigen Tagung an der Kunstakademie Duesseldorf, an der sie teilgenommen hatte. „Was genau bedeutet Stillstand und wie aeussert sich Stillstand in kuenstlerischen Werken? Welchen Einfluss haben diese Werke auf bestehende Gesellschaftsordnungen?“

 
 

Aus dem Vortrag von Martin Seel: BEWEGTE STILLSTAENDE IM KINO UND ANDERSWO

 

Klar kannte sie den Film „Zabriskie Point“. 1979 war sie dorthin hingereist, um sich die Explosionen, die von Pink Floyd Musik unterlegt waren, noch einmal ins Gedaechtnis zu rufen. Auch sie war damals aufgebrochen, um gegen die bestehenden Gesellschaftsbedingungen zu kaempfen. Jetzt sah sie noch einmal die zerrissenen Gegenstaende durch die Luft fliegen. Kleider- und Fleischfetzen, die wie gemalte surrealistische Werke von Dali aussahen. Aber bewegte sich sonst noch etwas? Nein. Die Revolution blieb aus. Das waren Momente von aesthetischem Stillstand.

Weitere gezeigte Filmbeispiele, die disponiert sind fuer die Darbietung von Stillstandsphasen, waren:

 

  • Face off von John Woo 1977
  • Five Dedicated to Ozu von Abbas Kiarostami 2003
  • Perpetuum Mobile von Nicolas Pereda 2009

 
 

Aus dem Vortrag von Maurizio Lazzarato: LA GRANDE PARESSE COMME ESTHETICO-POLITIQUE

 

Das war immer ihr Wunsch gewesen. Die grosse Faulheit als ethisch-politischer Stillstand. Duchamp hatte sie im letzten Jahrhundert vorgelebt. Die Verweigerung der Arbeit, die Faulheit als Anhalten der Zeit der Produktion. Mit wenig Geld aus einer kleinen Erbschaft lebte er als Faulenzer in den Tag hinein. Er arbeitete hoechstens zwei Stunden am Tag. Seine Readymades sind wohl Produkte seiner Faulheit. Duchamp war nicht politisch aktiv. Er hatte lediglich das Recht auf Faulheit proklamiert. Tauschwert, Eigentum und Arbeit wuerden sich unter diesem Recht aufloesen. Sie nahm sich einen Tag frei. Sie setzte sich an die Nordsee und blickte aufs Watt. Wie traege die Wellen heranrollten und wie stetig sie zurueckgezogen wurden. Nach einer Weile vermochte sie nicht mehr ueber ihre Sehnsuechte nachzudenken. Langsam stellte sich eine schoene Traeumerei ein.

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4 Comments

  1. Lajla Nizinski:

    mehr zum Thema unter: aesthetische-eigenzeiten.de/termine/stillstand

    Interessante Buecher von den referierenden Philosophieprofessoren:

    Gertrud Koch: Breaking Bad 2015

    Reinhold Goerling: Szenen der Gewalt. Folter und Film von Rossellini bis Bigelow 2015

    Adrian Heathfield: Out of now 2015

    David Lapoujade: Power of time 2010

    Peter Osborne: Futures Present: Lite, Dark and Missing ( Radical Philosophie 2014)

  2. Michael Engelbrecht:

    Die headline höre ich beim Lesen und Wiederlesen so, als hätte sie Bob Dylan mal gesungen. Dieser Text bringt mich auf allerlei tröstliche Gedanken. Ozu und die Ästhetik des Stillstands, das glaube ich sofort. Ich glaube, Ozu ist ein grossartiges Schlafmittel, 5 Minuten auf altem Schwarzweiss zu sich genommen, und ich bin weg vom Fenster.

    Ist Zabriskie Point nicht der Film, der ohne die Explosion ebensolcher Schnarchstoff gewesen wäre? Genug der Ketzerei. Something’s hapoening here, too, in my life, and what it is ain’t exactly clear. Das ist doch Dylan, woll? Es ist 23:45, und heute Nacht werde ich mal ein bisschen schlaflos sein. Ich beginne mit einer CD von Avishai Cohen auf dem Kopfhörer. Into the silence. Two Left Feet, ein viertel Liter: deep red wine for some deep listening. G’night!

  3. Lajla:

    Nein nicht von Dylan. Die Zeilen stammen aus dem Lied „For what’s worth“, das sang der junge Stephen Stills, damals noch bei der Band Buffalo Springfield.

    Avishai Cohen kann mich mit seiner Musik hinter das Jenseits führen. Auch ohne red wine :)

  4. Michael Engelbrecht:

    Ah, Herr Stills …

    Hier ein Bericht aus „hinterdemJenseits“:

    ‘Into the silence’ is trumpeter Avishai Cohen’s debut as leader for the ECM label, and what a breathtaking album it is. […] it is the honesty of Cohen’s music that shines through with a clarity and purity of sound that is stunningly beautiful.

    The trumpeter plays with a very personal, deeply moving tone that is not only touching and soulful, but also free-spirited and open. []The whole album has a quiet sincerity to it, yet it’s not without a remarkable spirit, at times lyrical and hauntingly melodic.

    Cohen takes the lead on most of the tracks, and rightly so, playing with a freshness that is enlightening. I cannot think of many musicians that sound so passionate yet softly understated all in one breath. []there is an intimacy to the whole recording that the listener can almost reach out and touch.

    It hangs in the air, in the spaces between the notes, in the unspoken thoughts that pass between the performers, in the unwritten poetry that they are making through their music. It is something that can’t quite be defined, something that could so easily be lost if one tried to hold onto it for too long. Luckily for us the spirit of this musical journey is captured beautifully on this recording. A wonderful album.

    Mike Gates, UK Vibe


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