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2015 4 Nov

Mette Henriette

von: Jan Reetze Filed under: Blog | TB | Tags:  6 Comments

 

 
 
 

Mette Henriette Martedatter Rølvåg. Der Name ist so schön norwegisch, den muss man wenigstens einmal voll ausschreiben. Ungewöhnlich genug: Ein ECM-Debut mit einer Doppel-CD, noch dazu mit Fotos von Anton Corbijn. Aber diese Künstlerin, behaupte ich mal, ist es wert.

Die CD 1 ist in einer Triobesetzung mit Saxophon, Cello und Klavier eingespielt, kommt sehr leise, sehr schwebend, fast flüsternd daher. Nachtmusik, das Saxophon mit viel Geräuschanteil, der Atem bestimmt die Spannungsbögen der Stücke. Die CD 2, mit einer 13-köpfigen Band aufgenommen, greift dieses Konzept zwar zunächst auf, steigert sich aber zu einer Intensität, die mich zeitweise fast an Carla Bleys legendäres Escalator over the Hill erinnert. Musik für die „Difficult Listening Hour“ und eine gelungene Synthese von Jazz und Kammermusik. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 2013/14.

Mette Henriette hat bereits Ende 2014 mit der Gruppe Torg und unter der Produzentenhand von Bugge Wesseltoft an dem Album kost/elag/gnäll mitgewirkt (erschienen erst im September 2015 auf dem norwegischen Jazzland-Label). Dieses Album klingt offener, entspannter, spielerischer als ihr ECM-Album, streckenweise hat es etwas Vergnügtes an sich, was zum Teil wohl auch daran liegt, dass hier auch Gesang zu hören ist. Man stelle sich vor, Kurt Weill würde versuchen, wie Philip Glass zu komponieren und gäbe der Band dazu noch großen improvisatorischen Freiraum — dann  käme wahrscheinlich so etwas wie diese Platte dabei heraus.

 
 
 


 
 
 

Trotz aller Ähnlichkeit der beiden Albumkonzepte ist der Unterschied zwischen Torg und ECM beachtlich. Das ECM-Album ist konzentrierter und dichter. Dies ist mit Sicherheit dem Produzenten Manfred Eicher zuzuschreiben, der es immer wieder versteht, entsprechende Session-Atmosphären entstehen zu lassen. Wenn das ein Hinweis darauf ist, in welche Richtung es weitergehen könnte, dann bleibe ich neugierig.

This entry was posted on Mittwoch, 4. November 2015 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

6 Comments

  1. ijb:

    Ist mit „der Sprung zwischen ihnen“ der Sprung von der erst(genann)en zum Torg-Album gemeint? Die ECM-CD ist schon vor der Torg-CD eingespielt worden. (im Booklet steht „2013-2014“, doch über ECM-Presseinfos wird Mai und August 2014) angegeben. Ich muss leider sagen, dass mich die Torg-CD eher distanziert zurückgelassen hat, und Mette ist dort ja auch nur eine von acht Leuten (und nicht mal auf dem Bandfoto mit vertreten). Daher entstand bei mir der Eindruck, dass Johan Lindvall, der die Torg-Stücke schrieb, nicht das künstlerische Format von Mette vorweisen kann. Bzw. auch Bugge (auf der CD als Produzent genannt) das Ganze nicht so dicht produzieren konnte wie Eicher. Diese neue Jazzland-Serie mit jungen, zumeist unbekannten und eher freigeistigen Musikern und Ensembles ist allerdings eine tolle Sache!

  2. Jan Reetze:

    Ich meinte den Sprung von Torg zu ECM. Das Aufnahmedatum wusste ich nicht; dass das Album hier in den USA noch gar nicht erschienen ist (soll Ende November kommen), habe ich nur MP3 ohne Booklet und ohne Presseinfo vorliegen.

  3. ijb:

    Oh, verstehe. Ich hatte von Mettes CD schon vor weit über einem Jahr gehört, also vermutlich eigentlich schon, bevor sie aufgenommen wurde, nur wurde mir von allen inständig eingebläut, dass das total geheim sei und niemand davon wissen dürfe. Dass es eine Doppel-CD mit mehren Corbijn-Porträts werden würde, hat mich dann doch sehr überrascht. Ich hoffe sehr, dass Eicher diese Zusammenarbeit, die ihm wohl viel bedeutet, noch lange fortsetzen kann dun wird.

    Das Presseinfo von ECM besteht aus einem interessanten Interview mit der Dame; ich habe es aber nur als Word-Dokument, kann es dir bei Interesse senden. Hier aber ein anderes, kürzeres Interview: http://jajajamusic.com/2015/08/exploring-sami-music-with-mette-henriette-sami-contemporary-night/

  4. Jan Reetze:

    Da in der Tat, was ich nicht wusste, das scheinbar ältere Album in Wirklichkeit das neuere ist, habe ich den Beitrag entsprechend abgeändert. Danke ijb für den Hinweis!

  5. Michael Engelbrecht:

    Die Doppel-CD, von ECM: gerade gestern die erste, wohl ruhigere Hälfte gehört, auch abends :)
    – und was kann ich sagen: sehr bewegend, keineswegs kalt, fernab des Vertrauten, alles fein „verästelt“, das etwas andere Nordische :)

    Jetzt bin ich auf den „Escalator over the „Rainbow Studio““ gespannt, nun aber erst mal drei Tage Paris: wenn jemand eine Empfehlung hat …

  6. Michael Engelbrecht:

    A remarkable release with some very fresh ideas contained within it and above all an atmosphere that sets Henriette’s free jazz-inclined playing apart from anything you’re likely to hear anywhere at the moment.

    Stephen Graham, Marlbank


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