Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2015 5 Sep

In den Songwehen

von: Jochen Siemer Filed under: Blog | TB | 1 Comment

Es gab da eine Art Schlafstörung während der Schulzeit: wenn man des Abends etwas komponierte hatte, vorzugsweise auf der sechsseitigen Westerngitarre – mit Leo Kottke, Ralph Towner, Alex de Grassi, Klaus Weiland und John Martyn als Inspiratoren und gespielt wurde überwiegend im open tuning – dann feilte man so lange an dem Stück herum, bis es perfekt war, also bis zu 5 oder 6 Stunden. Wenn es dann sass, mit dem erhebenden Gefühl, etwas Neues in die Welt gesetzt zu haben, nicht ohne jene Genialität, die eine quasi astrale Verbindung zu genannten Impulsgebern mit sich brachte, hiess es langsam wieder runterzukommen, wie ein Boxer, der aus dem Ring steigt, leicht torkelnd nach gewonnenem Kampf, zwecks notwendiger Nachtruhe, endlich. Denn es drohte nachts um Zwei ja schon der nächste Schultag, schlimmstenfalls mit einer wichtigen Klausur im Anmarsch. Problem nur: an Schlaf war gar nicht zu denken und auch die flashbacks von gerauchtem Gras würden Konzentrationsmangel und Übermüdung nur dürftig kompensieren. Noch kurz vor Morgengrauen: wiederaufstehen, der erneute Griff zur Gitarre, um die Himmelfahrt mittels des neuerschaffenen Fingerpickingparcours erneut zu erleben. Diese Mischung aus Adrenalindosis und addiktiver Bindung an die Sphäre der Musik betraf damals nicht nur das Spielen, sondern auch das Hören, etwa wenn man eine heissersehnte neue Scheibe frisch erworben hatte, die dann mehrmals aufgelegt werden musste, during the nighttime. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass wegen dieser Nachtsitzungen jemals tagsdrauf ein Schulausfall die Folge war. Okay, die ersten ein, zwei Stunden schwänzen, das kam vor. Kameradschaftliche Leidensgenossen in dieser Sache hatte man: der witzige und frühbegabte Freejazzdrummer Andreas („Anna“) F. beispielsweise, kam mitten im Sommer erst zur dritten Stunde. Seine Entschuldigung: er sei in eine Schneewehe geraten. War nicht unsereins damals auch ständig in diesen Song-Wehen verfangen gewesen und ist es heute noch bisweilen?

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1 Comment

  1. Gregor:

    Beim Lesen deines Artikels muss ich an meine frühen Manafonistenjahre denken, im November 2011 schrieb ich im Plattenschrank Nr. 6:

    „Zunächst fällt mir da Werner Lämmerhirt in die Hände, Sammy Vomácka, David Qualey, Klaus Weiland: Session with friends for friends, eine strahlend blaue Schallplatte von Stockfish Records, auf der Lämmerhirt mit seinen Freunden zu richtig losfetzt. Wunderbare Titel sind zu hören, unter anderen Long Way Back Home; Nobody Wants You When You’re Down And Out; If I Were A Carpenter; Alberta und eben auch All Along the Watchtower. Eine fabelhafte Version ist das …“


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