Manafonistas

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Als Manfred Eicher vom Münchener Jazzlabel ECM im vergangenen September die „JazzFacts“ im Deutschlandfunk verfolgte, wurde er hellhörig: In einem Rückblick auf das Punktfestival in Kristiansand gab es eine kurze Sequenz aus dem Duokonzert des armenischen Pianisten Tigran Hamasyan und des norwegischen Sample-Spezialisten Jan Bang. Rasch entschloss sich der Produzent, die hier freigelegten Qualitäten in ein neues Projekt münden zu lassen. Eine Inspirationsquelle war dieses Album mit dem Titel „Hayren“:

 
 
 

 
 
 

Mittlerweile ist die Aufnahme in einem Studio in Lugano, zu der sich noch der Trompeter Arve Henriksen und der Gitarrist Eivind Aarset gesellten abgeschlossen. Was hatte Eicher so begeistert, als er das Duo hörte? Fraglos die Art, wie der armenische Pianist, neben Folkmelodien seiner armenischen Heimat, auch Inspirationen früherer ECM Platten aus den siebziger Jahren in sein Klavierspiel integrierte. Anklänge an Chick Corea und Keith Jarrett wurden von Jan Bang elektronisch verfremdet und wie verwandelte Deja-vus in raumgreifende Improvisationen eingebunden.

 

Ich war bei einem Teil der Produktion und der Abmischung dabei. Das Werk, das vermutlich als Doppelalbum wohl im Frühjahr oder Herbst 2015 erscheinen wird, wird ohne Zweifel für Furore sorgen und stellt eine Meilenstein in der Entwicklung des Pianisten Tigran Hamasyan da. Hier ein Foto vom vorletzten Abend in Lugano, als ich die Gruppe (nur Jan Bang war verhindert), Manfred Eicher und den famosen Toningenieur aus dem Studio Grosso zu einem Eis einlud in der Lieblingseisdiele des Münchner Produzenten. Es regnete in Strömen, Manfred erzählte viele alte Geschichten, und ich habe ihn selten so viel lachen sehe wie an diesem Abend. Ich habe dem Album für mich einen ganz schlichten Arbeitstitel gegeben, „Lugano Music Dreams“, und wünsche mir ein ECM-untypisches Cover, in dem ein paar Farben explodieren. 

 
 
 

 

This entry was posted on Montag, 25. August 2014 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

1 Comment

  1. Michael Engelbrecht:

    Armenien, lange ein ähnliches Phantom- und Sehnsuchtsland wie Israel, unsichtbar auf den Landkarten, doch in den Herzen der in alle Welt Zerstreuten. Kim Kashkashian und dem ECM-Editor Manfred Eicher geht es indes nicht um konservatorische Folklore-Präsentation, sondern um spannungsvolle Konfrontationen von Alt und Neu, Fern und Nah. Musikalisches Erbe nicht als statischer Besitz, vielmehr als Verwandlungspotential.

    So werden einige Lieder des traditionellen armenischen Komponisten Komitas, von dem zwei Generationen jüngeren Kollegen Tigran Mansurian mit ungeschulter Stimme mehr zitiert als vorgetragen; der dabei entstehende Ausdruck von Verfremdung bekommt zugleich etwas spontan Eindringliches.

    Neben Komitas‘ miniaturhaften Ikonen breiten sich zwei ethnomusikalisch inspirierte, modern imprägnierte Werke von Mansurian stärker aus. Die Schlagzeugerin Robin Schulkowsky ist da klangsensible Partnerin von Kim Kashkashian. … Hayren – das uns unbekannte Zauberwort ist in Armenien geläufig als poetisches Signum eines eng mit der Sprachmelodie und dem Lebensgefühl verknüpften Stils des zwischen Orient und Okzident lebenden Kaukasusvolkes. Diese Exkursion kann klarstellen, dass Entlegenes und Vergangenes ins Zentrum gerückt zu werden vermag: vermöge einer künstlerischen Vision und Energie, die Grenzen überspringen und Sprachbarrieren durch die Unmittelbarkeit der klingenden Vergegenwärtigung.

    – Karlheinz Jungheinrich


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