Manafonistas

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2012 5 Feb

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (12)

von: Gregor Mundt Filed under: Blog | TB | 1 Comment

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Ich liebe Musik, die in Feldaufnahmen eingebettet, eine ganz eigene Atmosphäre ausstrahlt – Thema auch in „Gregor öffnet seinen Plattenschrank (11)“. Und jetzt gerade erst recht. Der Frost hat die Landschaft erstarren lassen, eine dünne Schneeschicht bedeckt die Felder; die Krähen mühen sich ab, etwas Eßbares zu finden … Krähen im Winter, einsam schreiend, genau das stelle ich mir vor, wenn ich Max Richter aus dem Plattenschrank hole, seinem Album The Blue Notebooks lausche und da dann den Titel „Shadow Journal“ auflege. Am Ende des Stücke kommen sie dann, die Krähen und krächzen in die Einsamkeit hinaus.

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Der 1966 in Hameln geborene Richter, dessen Musik ich in atemberaubender atmosphärischer Dichte erlebe, mischt gerne Feldaufnahmen seinen Kompositionen zu, auch wird die Grenze zum Hörspiel, bzw. Hörstück bei ihm fließend. Im oben genannten Album The Blue Notebooks etwa liest Tilda Swinton Tagebuchaufzeichnungen von Franz Kafka, auf der CD Songs From Before trägt Robert Wyatt Texte von Haruki Murakami vor. | Auf YouTube findet sich ein Interview mit dem Meister, „Gefühlsverstärker-Interview with Max Richter“, aber auch jede Menge Musik. Aufgenommene Geräusche, Klänge, die ihre ganz eigenen Geschichten erzählen, habe ich bei Luc Ferrari zum ersten Mal auf Presque rien No. 1 „Le Lever du jour au bord de la mer“ von 1967/70 kennengelernt. Hier hört man nun wirklich Vogelgezwitscher und nicht, wie etwa bei Olivier Messiaen, deren instrumentale Umsetzung.

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Die 2001 erschienene Platte Sings Reign Rebuilder der Gruppe Set Fire to Flames ist für mich ein ganz besonders gutes Beispiel für das Zusammenspiel von Feldaufnahmen und Musik. Da findet eine 13 Mitglieder zählende Band aus Kanada ein abbruchreifes Haus und bevor der Bulldozer sein zerstörerisches Werk beginnt, erweckt Set Fire to Flames das Haus zum Leben. Die Dielen, die Holztreppen dürfen noch einmal nach Herzenslust knarren und quietschen, die Wände, die Decke, sie erzählen ihre Geschichten, aber das Geschehen draußen, die Geräusche vor dem Haus wurden mit eingefangen, ein vorbeifahrender Krankenwagen mit eingeschalteter Sirene zum Beispiel. Und hier wird Musik gemacht …

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1 Comment

  1. Michael Engelbrecht:

    Lauter Musik aus der Feinkostabteilung. presque rien von Luc Ferari ist reine Magie, eine Art DISCREET MUSIC der elektroakustischen Musik. Es ist das Fast-Nichts, das die Aufmerksamkeit erregt.


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