Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: November 2011

2011 22 Nov

Die Beseitigung der Bitterstoffe

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„There must be some way out of here,“ said the joker to the thief …
(Bob Dylan, „All  Along The Watchtower“)

 

Erfuhr vor Wochen (mündliche Überlieferung),

von der  Meisterin eines seltsamen grauen Eintopfs

(ich habe den Namen des Gerichts nicht mehr im Kopf,

wahrscheinlich etwas aus Omas Kochbuch

oder Wohngemeinschaften der 70er Jahre)

wie man grünen Tee zubereitet,

ohne dass bittere Noten übrigbleiben.

Gut zu wissen, nur habe ich die genaue Anleitung

nicht mehr parat: wahrscheinlich würde mein grüner Tee

wieder misslingen, ein ums andere Mal ,

ich verlege mich besser auf ein anderes Feld,

eins ohne Grüsse vom Murmeltier,

und beseitige da die Bitternis.

Der Trick ist, es  gibt keinen Trick,

nur Handlungen ohne Poesie und Humor,

das Bitterste überhaupt.

 

Glenn Thompson – „Finding You“ (YouTube-Clip)

2011 22 Nov

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (6)

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Gestern lag bei mir im Briefkasten, zugegeben etwas verspätet, die neue CD von Thea Gilmore John Wesley Harding. The Guardian schreibt dazu und zitiert zunächst Gilmore: „Should one attempt to reinterpret a 40-year-old, somewhat legendary piece of work? Probably not,“ writes English folkie Thea Gilmore. Nonetheless, as Bob Dylan’s 70th birthday approaches, she has covered his album John Wesley Harding in its entirety as a tribute.“

 

 

Das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen, eine durchweg hörenswerte Platte. Besonders gespannt war ich auf die Interpretation von All Along The Watchtower. Na ja, sie klingt nicht gerade umwerfend, verführte mich aber dazu, einmal mehr in meinem Plattenschrank zu kramen und nach alternativen Versionen dieses vorzüglichen Songs zu suchen.

 

 

Zunächst fällt mir da in die Hände Werner Lämmerhirt, Sammy Vomácka, David Qualey, Klaus Weiland: Session with friends for friends, eine strahlend blaue Schallplatte von Stockfish Records, auf der Lämmerhirt mit seinen Freunden zu richtig losfetzt. Wunderbare Titel sind zu hören, unter anderen Long Way Back Home; Nobody Wants You When You’re Down And Out; If I Were A Carpenter; Alberta und eben auch All Along the Watchtower. Eine fabelhafte Version ist das … 1975 erschien diese Platte, die es natürlich schon lange nicht mehr zu kaufen gibt, allerdings gab es im Sommer 1992 einmal Neuauflage unter dem Titel Werner LämmerhirtDie frühen Jahre. Auf dieser CD findet der Hörer dann allerdings zum Trost statt acht, gleich sechszehn Lieder des Meisters vor.

 

 

Als ich im Sommer 1974 über den Piccadilly Circus in London schlenderte, hörte ich aus einem Plattenladen die neue Doppel-LP von Bob Dylan and The Band Before the Flood. Für mich war damals diese Platte ein ganz neues Dylan-Erlebnis, aber das ist bei diesem Musiker nun ja kaum zu vermeiden, zum Glück. Dieses neue Dylan-Erlebnis ereilte mich auch wieder vor vier Wochen in Mannheim, als Dylan dort in einem Doppelkonzert mit Mark Knopfler auftrat und mit einer Band in einer nie gehörten Härte spielte, das Gitarrenspiel anderen überließ und selber nur an Keyboards experimentierte. Herausragendes Stück auf Before the Flood ist natürlich All along the watchtower.

 

 

Klar, Jimmy Hendrix fehlt noch mit seiner kongenialen Version des Meisters. 1968 erschien All along the watchtower auf der LP Electric Ladyland, und diese soll den Erfinder dieses Liedes schwer beeindruckt haben. So, die nicht weniger beeindruckten Versionen dieses Songs von Neil Young oder auch Richie Havens lasse ich für heute außen vor … und wenn ich jetzt diese vier Versionen des Dylan-Songs höre, ja dann …

Platz 1: J.Hendrix
Platz 2: Bob Dylan and the Band
Platz 3: Werner Lämmerhirt

… aber die Platte Thea Gilmore John Wesley Harding ist schon auch gut.

(Freddie Röckenhaus, BVB-Fan und kluger Fussballjournalist, geht auch öfter zum Adrenalinspenden. Er hat heute in der SZ den wohl besten, auffindbaren Artikel über das Spiel Bayern-BVB geschrieben, das bekanntlich die Dortmunder mit einer taktischen Meisterleistung gewannen. Was das  mit dem Verhalten eines Fischschwarms zu schaffen hat, erklärt Herr Röckenhaus ganz vortrefflich.)

Das größte Geheimnis der Bundesliga – eine Reportage von Adi Wildschütz (YouTube-Clip)

„The arcade lights are hanging down
The rain surrenders to the town
The world of men don’t mean a thing
When all they give you is a diamond ring …“

 

Spring Hill Fair (+Bonustracks)

 

In einer britischen Musikzeitschrift gibt es eine Reihe, in der Musiker davon berichten, wie eine Platte über Nacht ihr Leben veränderte. Viele Platten sind mit der Jugendzeit verbunden, in der sich ohnehin reihenweise Türen öffnen. Diese alten, tollen Platten (Songs)  sind also ein Stück Erinnerung geworden, man hört sie gerne wieder, aber sie spiegeln in der Regel etwas Zurückliegendes,  werden mit einer Patina belegt (golden brown), und Teil einer gewissen Erinnerungsseligkeit.

Die spannende Frage ist, ob solche Alben, persönliche „milestones“ (und SPRING HILL FAIR von den Go-Betweens war so einer für mich), auch viel später noch ein Feuer legen, eine Verengung sprengen können? Kann man mit der richtigen, aus ihrem Erinnerungsgefängnis frei gesperrten Musik aus der Haut rauskommen, die man  bequemerweise zur  eigenen erklärt hat?  Nichts Schlimmeres, als der Sachverwalter der eigenen musikalischen Vorlieben zu werden!

Es geht auch anders (you don´t say a fucking word, until you have a word to say):  du kriechst (an einem besonders dunklen Tag) buchstäblich – old true love never dies – in einen dieser vermeintlich abgehandelten Songs hinein, mit jeder Faser deines Körpers – man nennt das auch „deep listening“ – und du hältst dich dann (wenn es  schlimm kommt, und es kommt erstmal schlimm) an den Tönen fest, an Zeilen und Bildern und Melodien und Melodiefetzen, du krallst dich da wirklich fest, wenn es sein muss, während dein Leben (bzw. was du dafür hältst) mal so ganz ungepflegt und beiläufig auseinander fliegt. Und dann siehst du – bingo – weiter.

 

Bachelor Kisses acoustic – The Go-Betweens (YouTube-Clip)
The Go-Betweens: „Bachelor Kisses“ (YouTube-Clip)

„Arve Henriksen Trio“

23.11.2011
20:00 Uhr

Arve Henriksen (tp), Audun Kleive (perc, elec), Helge Norbakken (perc)

VVK 12 EUR zzgl. Gebühr | AK 15 EUR

Zeche Carl
Wilhelm-Nieswandt-Allee 100
45326 Essen

Wer immer die Musik von Arve Henriksen mag, sollte sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen. Arve Henriksen ist der Anti-Brönner: nie anbiedernd an populäre Geschmackssorten. Und innovativ. Dieses Trio ist ist meines Wissens ein neues Projekt des Trompeters, Sängers und Multiinstrumentalisten. Audun Kleive ist ein exzellenter Drummer, mit ihm hat Henriksen vor etlichen Jahren den Rune Grammofon-Klassiker „Chiaroscuro“ geschaffen (Jan Bang war der Dritte im Bunde); Helge Norbakken ist zusammen mit Jon Balke Mitbegründer von „Batagraf“, und spielt eine wesentliche Rolle auf dem brillianten neuen Werk „Say and Play“ (ECM) von Balke und Batagraf.

2011 20 Nov

O´o – how beautiful!

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Diese schöne Grafik ziert das Cover der CD „O´o“ von John Zorn, dessen immens kreativer Output ja stets in künstlerisch ansprechendem, bisweilen verstörendem Outfit dargeboten wird und an die Zeit der guten alten Schallplatte als Gesamtkunstwerk und Sammlerobjekt zurückdenken lässt. Die Geschichte der O´o: diese Paradiesvögel sind leider ausgestorben. In einigen Stücken der CD erklingt tatsächlich nachrufendes Vogelgezwitscher. Das obige Bild wie auch die vielen anderen kunstvollen Cover-Inszenierungen der Zorn-Cds und des Tzadik-Labels sind natürlich nicht von den Musikern selbst, sondern von Künstlern und Grafikern (oder Laien) gefertigt. In diesem Fall ist es eine Chippy-Grafik – und dahinter steht der Name dieser Rose: Hueng-Hueng Chin.

On November 28th, The Unthanks release The Songs of Robert Wyatt and Antony & The Johnsons, Live from The Union Chapel (Diversions Vol 1.) Amongst the first to hear the record is Robert Wyatt himself, who makes the following extraordinary statement:

“Quite simply, Antony & The Johnsons and I have been blessed by angels. If I had to take a single summary of what Alfie and I have being doing over the years to the proverbial desert island I wouldn’t take one of our own records. I’d take the crystal clear interpretations of The Unthanks.” Robert Wyatt

(Roberts Soloalben gehören schon eher auf die sprichwörtliche einsame Wüsteninsel, aber vielleicht ist er einfach dem Charme der Unthanks erlegen; allerdings wäre ich an diesem feinen Londoner Konzertort gerne gewesen, an dem Abend, als die Schwestern Unthank ihre Versionen der Lieder dieser unvergleichlichen Songpoeten, die noch dazu die traurigsten Stimmen der Welt ihr eigen nennen dürfen, zum besten  gaben; Anm. v. M.E.)

Celebrating two of the most adventurous songbooks of the last half-century, album is the first volume in what will be a series of Unthank albums called Diversions. The series is designed to capture anddocument a prolific twelve months which has been full of unique projects for the Mercury nominated Tynesiders; from their hugely successful collaboration with National Champions of Great Britain, Brighouse and Ratrick Brass Band, to a soundtrack performed live to a new film made from archive footage of Britain’s shipyards, to the Hegarty / Wyatt project celebrated here.

Having licensed their last 3 releases to EMI Records from RabbleRouser Music (owned by The Unthanks pianist, arranger and producer Adrian McNally), the Diversions series is released solely in the UK on RabbleRouser, while The Unthanks continue their relationship overseas with Rough Trade, who release the record in the rest of the world. The Unthanks are not necessarily done with the majors. New deals are on the table, but having reached the end of one contract, the band felt it an opportune moment to document these projects in a more low-key and homemade fashion, before considering their next move when they return with their 5th studio album proper.

Hi.

The drums are mainly drums from the Sabar-family (wolof-people of Gambia and Senegal)
But also drums from Nigeria (papa-talking-drum) and from Indonesia. Sometimes they are played in a natural way (with stick and hand) and sometimes manipulated (Bells or other metal objects put on the skin to alter the sounds and characteristics of the drum)

Like I mentioned above; this is not entirely a folkloristic or genuine tradition concept. Neither Jon nor me are experts on the Sabar/Wolof-drumming, but we have studied that tradition more than other „styles“. But we „borrow“ sounds and Ideas (all material is composed, but inspired by …) to create a different music. Combined with our background from (jazz) contemporary improvised music and it´s tradition of manipulating sounds and surfaces of sound gives it a flexible and everyday-new appearance, but giving it a flavor of tradition and root.

I am in Mannheim next week with Audun Kleive and Arve Henriksen … By the way.

H


mvh. Helge Andreas Norbakken

Kleine Fluchten am Abend – das ist doch mal eine Gute-Nacht-Lektüre: „St. Ives“, der letzte Roman von Robert Louis Stevenson, wunderbar der Stil des alten Schotten, Abenteuer- und Liebesroman in einem (mit jeder Menge psychologischem Feinschliff), spielt zur Zeit der Napoleonischen Kriege. Früher, wusste Wondratschek zu berichten, begann der Tag mit einer Schusswunde, morgen früh allerdings mit  einer kühlen Orange auf dem Weihnachtsmarkt, ich sehe schon die lange Schlange vor der Bäckerei Fischer – den berühmten Vanillehonig nicht vergessen! Wecken wird mich Kate Bush mit „Misty“, später plaudere ich mit der Bäckerin darüber, wie wir die Bayern aus dem Stadion fegen (oder auch nicht), dann Cafe Max, geh die vertrauten Wege noch einmal, bevor du ihnen den Rücken kehrst, zurück bleiben die vertrauten fremden Gesichter, Sonntag eine melancholische Geisterstunde in den Klanghorizonten, und dann wünsche ich mir, nach den wenigen Augenblicken, die das Alltägliche in Windeseile drehen, Lammfilet von Aldi, und Feldsalat mit Öl, Essig und Senf.

Sie bevorzugen Abenteuer abseits von Weihnachtsmärkten und handfesten Krisenstimmungen?! Dann kaufen Sie sich in der Buchhandlung Ihres Vertrauens „St. Ives“ von Stevenson (Hanser Verlag), oder lassen Sie sich von dem folgenden Filmchen in ferne Schneewelten entführen – der Soundtrack ist ein origineller Remix von Kate Bushs „Wild Man“:

Kate Bush, Yetis and Shangri-La

2011 18 Nov

Piedra de Sol – Sonnenstein

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„… voy entre galerias de sonidos,
ich gehe durch Klangfarbengalerien,
fluyo entre las presencias resonantes,
fließe im Widerhall der Gegenwarten,
voy por las transparencias como un ciego,
gehe durch Klares weiter wie ein Blinder,
un refecho me borra, nazeo en otro,
ein Lichtstrahl löscht mich aus, in einem anderen
oh bosque de pilares encantados,
komme ich zur Welt, o Wald aus Zaubersäulen,
bajo los arcos de la luz penetro
unter den Bögen deines Lichtes wandernd,
los corredores de un otono diafano,
zieh ich durch Gänge eines klaren Herbstes, …“

 
 

Piedra de Sol / Sonnenstein (obenstehend ein kleiner Auszug) und andere Gedichte aus dem Band „Suche nach einer Mitte – Die großen Gedichte“ von Octavio Paz begleiteten und bekräftigten einst eine Entdeckung, die ich als Evidenzerfahrung einer rein körperlichen Gegenwart erlebte und die eine Gegenwelt zur von Medien und Erziehung propagierten Normalität darstellt, so habe ich es damals jedenfalls empfunden. „Sowas bringen sie dir nicht in der Schule bei  …“ , pflegte ich diesbezüglich zu sagen. Der genannte Gedichtband erschien 1980 in einer reizvollen Ausgabe der edition suhrkamp, linksseitig in spanischem Original, rechts in deutscher Übersetzung.

 


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